Brief an das Aktionsbündnis: In Bad Freienwalde muss sich was ändern!

Liebe Vorstandsmitglieder, lieber Herr Lohmann,

als ein Netzwerk von Jugendinitiativen, die sich in ihren Kommunen gegen Rassismus und Rechtsradikalismus engagieren, wenden wir uns mit einer dringenden Sorge an das Aktionsbündnis. Bereits im vergangenen Jahr konnte die durch die Geschäftsstelle, insbesondere Frau Rüß, initiierte Intervention im Streit um das Vorgehen der Brandenburger Polizei bei einer Veranstaltung des DJB und einem rechtsradikalen Aufmarsch in Bernau entscheidend zur Klärung von Streitpunkten und zur Entspannung der Problemlage beigetragen werden. Vielleicht kann auch in diesem Fall das Aktionsbündnis an diesen Erfolg anknüpfen und vermittelnd eingreifen.

Worum geht es konkret?:
Sicherlich ist Ihnen nicht entgangen, dass ein Fernsehbeitrag der ARD über rechtsradikale Angriffe und Bedrohungen von alternativen Jugendlichen in Bad Freienwalde einige Aufregung verursacht hat. Dies ist ja in erster Linie sehr erfreulich, erleben wir es doch immer wieder, wie gern Rechtsradikalismus und Rassismus in den Kommunen als Problemfeld ignoriert wird. Ein bißchen mehr Aufregung tut da eigentlich immer gut. Allerdings richtet sich in diesem Fall der Zorn der Stadtverwaltung, des Bürgermeisters und einer tendenziösen lokalen Presse nicht gegen die Jugendlichen Gewalttäter mit den rassistischen und rechtsradikalen Einstellungen, sondern gegen die alternativen Jugendlichen und ihre Jugendgruppe, welche sich in dem Filmbeitrag zu Wort meldeten.

Der Vorwurf ist so diffarmierend wie ignorant: die Jugendlichen würden übertreiben und nur der Stadt, bzw. dessen Image als Kurstadt schaden.

Es ist nicht nur diese unglaubliche Unterstellung seitens vieler Stadtverantwortlichen gegenüber den Jugendlichen -warum sollten sie Grund haben ihrer Stadt schaden zu wollen?- die uns Sorgen bereitet, sondern ebenso die damit einhergehende Leugnung der Problematik von rassistischen Einstellungen vieler Bad-Freienwalder Jugendlicher, die sich nicht zuletzt in Angriffen auf die Mitglieder der Jugendgruppe "bfa" (Bad Freienwalder Alternative) äußert.

Mit Sorge beobachten wir, wie selbstverständlich im Jahr 2005 eine ganze Stadtverordnetenversammlung wie auch die Lokalpresse und der Trägers der Jugendeinrichtung "Offi", einem Vogel-Strauss-Syndroms gleich "Netzbeschmutzer"vorwürfe den alternativen Jugendlichen gegenüber erheben, wenn es eigentlich darum ginge, gemeinsam mit diesen von rechter Gewalt betroffenen Jugendlichen rechtsextremistischen Tendenzen in der Stadt zu begegnen.

Wir finden, dass dies das Land Brandenburg nicht mehr nötig hat! Es gibt viele Beispiele von lokalen Netzwerken und Bündnissen gegen Rechtsradikalismus, wie etwa in Fürstenwalde oder Eberswalde, die dem Bad Freienwalder-Politik- Establishment beweisen können, dass es anders geht und gehen muss.

Damit diese positiven Beispiele in Bad Freienwalde zur Kenntnis genommen werden, bedarf es der Initiative des Aktionsbündnisses. Eine alleinige Intervention des MBT, welches ebenso wie VertreterInnen der Opferperspektive und auch des DJB eV am Versuch einer klärenden Gesprächsrunde am 29.09.05 in Bad Freienwalde, teilgenommen haben, reicht unserer Meinung nach nicht aus. Es ist vielmehr die überzeugende Kraft und der argumentative Druck der guten Beispiele der anderen Brandenburger Kommunen gefragt, um der Stadt alternative Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Es ist nicht zu dulden, dass Bad Freienwalde eine nicht-rechte Jugendgruppe für einen von der ARD produzierten Film verantwortlich macht und diese dann den Anfeindungen und Angriffen der rechten Szene schutzlos überlässt!

Mit freundlichen Grüßen
Knut-Sören Steinkopf (Sprecher des Antirassitischen Jugendbündnisses)
Susanne Lang (Vorstand DJB e.V.)
Robert Richter(Vorstand DJB e.V.)